Ich hab zwar schon viele abenteuerliche Reisen hinter mir, auch in nicht ganz einfachen Gegenden, aber Südamerika flößt mir Respekt ein. Erschwerend kommt hinzu, dass man das Rucksackreisen außerhalb der Komfortzone wieder verlernen kann und die Sicherheit verloren geht. Vermutlich hab ich auch zu viele Filme mit Drogen- und Mafiabossen gesehen. Jedenfalls hab ich ganz schön Schiss vor dieser Reise. Aber – nur der Angst keinen Schwung lassen – Augen zu und durch … und: „Nur ned viarifiachtn“, ich liebe diesen Spruch.
Ich komme am Vormittag in Buenos Aires an, gegen Abend sollte mein Weiterflug in den Norden Argentiniens, nach Salta sein. Dort habe ich die erste (und einzige) Unterkunft der Reise vorgebucht. Buenos Aires hat – glaub ich gerade – erst auf den 2. Blick Charme, jedenfalls hab ich jt an dem einen Tag hier nicht viel davon entdecken können. Vielleicht war ich aber einfach zu müde, denn alle, die die Stadt besser kennen, schwärmen davon.
Merken für nächstes Mal: keine € oder Dollar mitnehmen. Es gibt hier zwar unzählige Banken in riesigen Gebäuden, Geld wechseln ist jedoch schwierig. Entweder man wartet stundenlang oder es geht gar nicht, weil man kein Kunde ist. War heute in 4 Banken und keine hat gewechselt. Die Lösung sind dann halt Wechselstuben. Auffällig sind die vielen Geldtransportwagen und viele Security-Leute.
Der Flug nach Salta ist gruselig, es zieht ein unglaublicher Sturm auf. Das Flugzeug kippt gefühlte 90 ° nach links und rechts. Mein Nachbar, ein indigener Argentinier aus Salta hat mindestens genausoviel Angst wie ich. Ich hatte ja vor der Reise einen Spanischkurs besucht und so reden wir irgendwas miteinander, keiner versteht den anderen, aber die Zeit vergeht und irgendwann sind wir durch den Sturm durch. Mein Spanisch dürfte so weit ausreichen, ihm zu verdeutlichen, dass er in meiner Unterkunft anrufen soll, dass ich später komme und sie nicht absperren sollen. Das Flugzeug hatte mehrere Stunden Verspätung und ich komme mitten in der Nacht an. Fremder Kontinent, fremde Kultur, fremde Stadt, Mitternacht, ich schaffe das! Ich habe Glück, die Unterkunft hat offen, mein Spanisch hat gereicht! Am Flughafen drängte ich mich dann noch einer jungen Holländerin auf, ob sie denn das Taxi mit mir ins Zentrum teilen wolle, ich kann in dieser Phase auf ihre Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen. Es wird ein total nettes Gespräch, sie beruhigt mich, dass es in der Gegend sicher wäre. Sie macht ein Auslandssemester in Buenos Aires und sagt, dass es eine total coole Stadt wäre. Hm, vielleicht entdecke ich den Charme ja auch noch. Später.
Fahrt mit Überlandbus von Purmamarca über den Passo de Jama nach Chile (4200 m Seehöhe) ca 12 h Busfahrt. Zuerst geht’s ein paar Stunden aufwärts, dann stundenlang über die Hochebene. Irgendwo in der Mitte ist die Grenze zu Chile und dann geht’s wieder für ein paar Stunden hinunter. Im Reiseführer stand eh eine Warnung, aber ich hab’s nicht geglaubt: bin höhenkrank geworden.
Und wenn man ‚unten‘, also vom Pass wieder herunten und in San Pedro de Atacama angekommen ist (noch immer auf ca 2500 m Höhe), traut man seinen Augen nicht: Plötzlich wurln hier gefühlte hunderttausende Touristen, der Großteil Backbacker aber auch top ausgestattete Goldies und viele Einheimische tummeln sich in San Pedro de Atacama.
In San Pedro de Atacama gibt es so gut wie 3 Arten von Geschäften, die sich auf der Hauptstraße Tür an Tür aneinanderreihen: Reisebüros für Wüstentouren o.ä., Restaurants und Souvenirs.
ALMA in der Atacamawüste. Auf 5000 m Höhe stehen die größten Antennen der Welt. Es ist ein internationales Projekt mit 66 Spiegeln. Europäer, Amerikaner und Japaner haben hier eine riesige Forschungsstation eingerichtet, die Infrasteuktur können jedoch ‚alle‘ nützen, die ein interessantes Forschungsprojekt haben. (www.almaobservatory.org). Das Besucherzentrum ist jedoch viel weiter unten, war aber trotzdem interessant.
Nachtbus von San Pedro de Atacama nach Arica (Grenze Chile-Peru), Abfahrt 21:00, Ankunft um ca 9:00 in der Früh. Gleich Anschlussbus nach Tacna – an der Grenze gehabt. Wieder der gleiche Prozess: Alle steigen samt Gepäck aus, hinein ins Grenzgebäude zum Abstemplen, auf der anderen Seite heraus und wieder in den Bus einsteigen. Challenge dabei, dass man den richtigen Bus erwischt (sie schauen alle gleich aus) und dieser noch nicht abgefahren ist. Der Nachtbus fährt noch bis zum Busbahnhof und dort ist Endstation. Ich versuche den nächsten Buch nach Tacna zu finden und frage mich durch. Die Antworten hab ich nicht wirklich verstanden aber irgendwie fühlen sich alle für mich verantwortlich und reichen mich von Person zu Person weiter. Die letzte setzt mich dann in einen Bus – aber halt – das Ticket muss am Schalter gekauft werden – wieder zurück – der Bus wartet auf mich. Ich bin die einzige Touristin weit und breit und auch im Bus sind nur Einheimische. Mittlerweile bin ich schon wieder ganz in meinem gewohnten Gefühl des Reisens, die riesige Angst, die ich zu Beginn hatte ist komplett weg, mein Reisephlegma hat sich wieder eingestellt. Es ist ein unendliches Glücksgefühl, mitten unter lauter fremden Leuten, in einer Sprache die ich nicht verstehe, Gewohnheiten die ich nicht kenne und trotzdem stellt sich dieses herrliche Gefühl der Gelassenheit ein. Ich nehme jede Sekunde und jede Minute so wie sie kommt, mit Neugier auf. Selbst wenn sie mich in einen falschen Bus gesetzt haben, werde ich halt andere Erfahrungen machen. Ich fühle mich puddelwohl unter all den Leuten, sie palavern kreuz und quer, lachen und versuchen mit mir Kontakt aufzunehmen und ich versuch so gut wies geht zu antworten. Immer mit den gleichen Standardsätzen, mehr kann ich nicht.
Auf mich warten weitere 7 Stunden Busfahrt, die Fahrt dauert exakt 3 Filme lang ;). In allen Bussen laufen Videos, so wie ich sie bisher nur von den Flugzeugen kannte, halt jetzt mit Überschalllautstärke. Um ca 16:30 komme ich in Arequipa an, ca 1/2 h gehts zuerst durch eine Barackensiedlungen bis der Busbahnhof erreicht ist. Geplant hatte ich eigentlich eine Übernachtung in Arequipa, die Stadt soll sehr schön sein aber dann will ich mir die Unterkunftsuche in der Nacht nicht antun. Es ist Ende Oktober und die Tage sind schon relativ kurz. Ich entschließe mich ein weiteres Nachtbusticket nach Cusco zu kaufen, dieses Mal im Luxusbus. Ich komme damit in der Früh in Cusco an. Das wär dann mein Rekord, 30 Stunden Fahrzeit im Bus, 36 Stunden nonstop unterwegs. Ich bin am Umkippen, hätte nicht geglaubt, dass ich das schaffe, aber ich lebe noch. In Südamerika sind die Distanzen einfach andere als in Europa, hilft nix.
Ankunft Cusco 7:00 früh. In der Luxus-Buslinie ‚Cruz del Sur‘ gibt es jetzt wieder Touris zuhauf. Ich weiß jetzt: Je nachdem welche Kategorie Bus man wählt, sind die Erfahrungen unterschiedlich. Im Luxusbus kommt man mit Touristen aus aller Welt, meistens eher reichen jungen Erwachsenen, die auf Entdeckungsfahrt sind zusammen, im billigen Überlandbus fahren die Einheimischen. Klar gibt es auch im Luxusbus Einheimische, halt die begüterten. Die Kategorie ‚Cama‘ bedeutet Service wie im Flugzeug 1. Klasse mit serviertem Essen und Liegesessel extrabreit.
Cusco ist meganett. Ich kann’s gar nicht glauben, dass ich nun doch da bin. Eigentlich wollte ich die ersten 2 Wochen gemütlich durch Argentinien reisen und jetzt bin ich durch die Wüste 😉 nach Cusco. Freu mich riesig. Ich weiß gar nicht, warum ich so einen Respekt vor diesem Kontinent hatte. Hier zu reisen ist zwar nicht wie in Europa aber es geht ziemlich gut. Und bedrohliche Situationen hatte ich bisher noch keine. Man muss halt aufpassen und wenn man ein ungutes Gefühl hat abhauen oder in der Dämmerung die Straße meiden.
Rand-Info: Coca-Blätter und der Tee dazu. Gibt’s hier überall (in Chile aber verboten). Hilft gegen Höhenkrankheit. Mal schaun, ob ichs vertrag.
Mit Collectivo-Bus gehts nach Ollantaytambo und dann mit dem Zug nach Aquas Caliente, dem Talort von Machu Picchu.
Fahrt von Cusco nach Puno am Titicacasee. Die Landschaft ist hier superschön. Immer wieder sieht man Frauen in ihren bunten Trachten, Lamas, Kuhherden, Mais- und Weizenfelder, total idyllisch. Für mich heißt es in der Nähe der Grenze zu Bolivien: umsteigen in Collectivo, umsteigen in Radrikscha, umsteigen in Motorrikscha. An der Grenze ist eine lange Schlange, ein Reisebus Kolumbianer. Wir reden ein bisschen, sie frieren erbärmlich. Das Wetter in Kolumbien ist viel schöner und auch sei ihr Land viel schöner als dieses kalte Peru. Es wird Nacht bis ich die Grenze passiert habe, der Taxifahrer schaut nicht vertrauensvoll aus aber was soll ich machen. Ich hab ein bisschen Angst, nicht viel aber Respekt und ich hab noch keine Unterkunft. Hoffentlich gehts gut. Es geht gut, der Taxifahrer bringt mich zu einer Unterkunft aus dem Reiseführer unnd verrechnet mir zwar den doppelten Preis (den ich vor der Fahrt eigentlich fix ausgemacht hatte, aber mitten in der Nacht diskutiere nicht einmal ich ;). Jetzt bin ich also in Copacabana am Titicacasee. Schade, dass ich hier nicht ein paar Tage bleiben kann. Die schwimmenden Inseln wären spektakulär. Ich muss wieder herkommen, das steht fest.
Titicacasee. Wow, der ist echt schön und so riesig. Aber es war fürchterlich kalt. Ich glaub baden kann man hier nie. Der See liegt auf einer unglaublichen Höhe von 3841 m, das ist höher als der Großglockner!
Von La Paz nach Uyuni fliege ich mit einem Inlandsflug. Ich treffe dort meine Tochter und ihre Freundin. Die beiden waren jetzt 2 Monate in Südamerika unterwegs und wir haben uns ausgemacht, dass wir die letzten zwei Wochen zusammen herumfahren. Wir machen eine dreitägige, organisierte Rundreise durch die Salzwüste Salar de Uyuni.
2.Tag in Salar de Uyuni: Mah, ist es schön hier. Tausend Farben, Flamingos auf 4900 m Höhe, Geysire und ein Thermalbad unter Sternenhimmel mit 37 Grad.
Nach der dreitägigen, supernetten Rundfahrt durch die Wüste fahren wir mit dem Luxus-Nachtzug von Uyuni nach Villazon an der argentinischen Grenze. Im Zug werden wir bedient, wir bekommen Burger, Wasser, Decken und Polster. In der Früh kommen wir erholt an, der Bahnhof liegt in Gehdistanz zur Grenze, bis jetzt der angenehmste von allen Grenzübergängen. Dann wieder Bus, umsteigen – wieder Bus. Wir sind 20 Stunden unterwegs, aber mit dem Zug ist es wesentlich angenehmer.
Wir kommen am Nachmittag in Salta an, der Stadt von der aus ich zu Beginn gestartet bin. Ich fühl mich fast wie heimgekommen. Wir übernachten nun in einem wesentlich netteren Hostel (Coloria) und jetzt kommt mir die Stadt total schön und sauber und nett vor. Zu Beginn meiner Reise fand ich sie unfreundlich und ärmlich und – bis auf die Innenstadt – eher hässlich. Es ist der letzte Tag, an dem uns die Freundin meiner Tochter noch begleitet. Sie darf noch bis Patagonien fahren und hat noch einige Wochen Zeit. Wir entschließen uns zu den Iguazu-Wasserfällen an der Grenze zu Brasilien weiterzufahren. Vor uns liegen 24 Stunden Busfahrt, schon wieder. Aber irgendwie fühl ich mich schon ein bissl geeicht.
Von Port Iguazu in Argentinien fahren regelmäßig Linienbusse auf die brasilianische Seite zum Eingang in das Areal der Wasserfälle. Wir nehmen uns beide Seiten vor und sind bereits am 1. Tag geflashed. Soooo schön, der ganze Tag vergeht im Nu.
Am 2. Tag sehen wir uns die argentinische Seite des Parks an – man vermag diese gewaltigen Wasserfälle nicht darzustellen. Über 200 sollen es sein und selbst wenn man zwei Tage lang im ‚Park‘ herumwandert, kommt man aus dem Staunen nicht heraus.
Nach den Wasserfällen entschließen wir uns kurzfristig, nach Paraguay, Ecarnacion zu fahren. Von Posadas über die Brücke bis zur Innenstadt säumen Shoppingmeilen den Weg. Es schaut so aus, als würde halb Argentinien hier shoppen gehen, was uns dann auch später bestätigt wurde. Die Preise in Argentinien galoppieren gerade davon, vor den Bankomaten stehen oftmals Schlangen. Ecarnacion ist eine nette, sehr westliche und – so scheints – begüterte Stadt zu sein. Wir gehen zum Friseur und shoppen einen ganzen Tag lang. Unglaublich, aber es ist irgendwie total lustig.
Nach 3 Tagen in Ecarnacion fahren wir nach Argentinien zurück. Auf der Grenzbrücke gibt es einen Megastau, wir brauchen statt 1 Std. also 3 1/2 Stunden und verpassen einen Platz für die Fahrt nach Rosario. Wir fragen herum, wohin es denn noch einen freien Platz im Bus gäbe – hm, Buenos Aires gibts gerade noch 2 Plätze. Na gut, dann fahren wir halt gleich nach Buenos Aires. Vor dem Bankomat steht wieder eine lange Schlange an, fast 30 Leute.
Wir sind in Buenos Aires in Palermo gelandet. Ich glaub, es ist das coolste Viertel der Stadt.
Das Viertel Palermo ist bzgl Flair fast ein bisschen wie Barcelona.
Und das ist die Pampa, die Landschaft um Buenos Aires, da wo die Gauchos sind.
Und das sind die großen und kleinen Gauchos Argentiniens
Wir haben riesiges Glück, es ist in diesen Tagen gerade das Jahresfest der Gauchos. Überhaupt das größte Gaucho-Fest Argentiniens in San Antonio de Areco, ca 2 Stunden Busfahrt von Buenos Aires entfernt. Es ist immer so um den 10. November herum und dauert mehrere Tage. Leider haben wir kein Zimmer mehr bekommen, wie würden so gern noch bleiben. Die Stimmung ist einfach total nett, die Leute sind mit Kind und Kegel da, picknicken, campen und essen Fettes vom Grill. Wir haben nicht einmal 1/4 derpackt im ‚Wirtshaus‘. Die Argentinier scheinen mit dem Servierten ganz zufrieden gewesen sein, aber für uns war’s der schlechteste Grill, den wir jemals gegessen haben. Mehr oder weniger ein Fettklumpen. Es schaut tatsächlich so aus, als wären wir die einzigen ausländischen Touristen hier. Es ist sooo cool!
Hab ich tatsächlich einmal gesagt, die Buenos Aires hat keinen Charme? Soo sorry, ich nehm alles zurück, you are beautiful! In der ganzen Stadt blühen die Zedrachbäume (falls wir das richtig herausgefunden haben). Die Stadt ist bunt, schrill, gechilled, laut und leise zugleich. Man sagt hier, dass New York die Stadt ist, die nie schläft und Buenos Aires die Stadt, die nicht schlafen KANN. Ein Autor meint, dass die Leute das nur überstehen weil sie so viel Mathe-Tee und Kaffee trinken. Oder, …. Aufgrund des vielen Mathe-Tees und Kaffes können sie nicht schlafen. Unter unserem Hostel in Palermo ist jeden Tag bis 5, 6 Uhr in der Früh Rambazamba. Und ausgehen tun die Leute erst so ab Mitternacht.
Weil wir nicht vorgebucht hatten, müssen wir aus unserem bisherigen Hostel in Palermo ausziehen und in den Stadtteil San Telmo gezogen. Sehr schön und proper alles, aber das Viertel hat lange nicht den Charme von Palermo und uns kommt auch vor, dass die weniger coolen Leute hier wohnen ;).
Letzter Abend der Reise: Steakessen, das musste nun einfach sein. Die Steaks schauen hier ein kleines bisschen anders aus als zu Hause. Man hat uns gesagt, dass man in Argentinien über 2 Sachen nicht diskutieren darf: Fußball und gleich dahinter Fleisch!
Adios Argentinia, hasta luego!!! Guat is gonga, nix is g’schegn. Dankbar für alles