Lage 5 Tage! Heute Mikropur, Trinkflaschen und Mückenschutzmittel gekauft. Und ja, Handtücher, die man auf Fingerhutgröße zusammenlegen kann. Ich konnt nicht wiederstehen – man gönnt sich ja sonst nix. P.S. ich brauch gar nicht auf’s Oktoberfest zu gehen, hab jetzt täglich ohnehin Achterbahnfahrt – und das ganz kostenlos. Von vielen Seiten werde ich mit Worten gesteinigt, es sei unverantwortlich mit Kindern gerade jetzt nach Indien zu fahren. Es freut mich sehr, dass mein Mann zu mir steht und mir sagt, dass er vollstes Vertrauen in meine gewissenhaften Abwägungen hätte. Wir fahren ja ohne ihn und er hilft mir sehr dabei, wieder Boden unter die Füße zu kriegen. Die Querschüsse haben mit sehr verunsichert. Aber ich kenne Indien aus meiner Jugend, ich war schon mehrere Monate dort. Als fürchterlich schreckliche Vergewaltigungen in Indien public werden, haben wir schon gebucht und alles geplant. In den Medien werden diese Verbrechen gerade auf und ab diskutiert und das ganze Land als gewalttätiger Moloch präsentiert. Das kann nicht mein Indien sein, ich kenne es komplett konträr und ich habe die Menschen damals friedlicher als die Europäer erlebt. Deshalb entschließe ich mich nicht zu stornieren, sondern die Reise anzutreten. Viele Gespräche mit Menschen, die gerade dort waren bestärken mich. Hoffentlich geht’s gut.
Lage 4 Tage! Visa-Karte eingetrudelt, To-do-Listen stehen, Rucksack gepackt. Meine 14jährige Tochter kann sich überhaupt nicht vorstellen, mit so einem kleinen Rucksack unterwegs zu sein. Selbst beim Wandern haben wir teilweise mehr mit. 3 T-Shirts, 2 Hosen, 1 Kleid, Badesachen und Flipflops. Bettwäsche (aus Indien nach Indien), Moskitonetz und halt Flugbekleidung, Toilettartikel und Medikamente, fertig.
Jetzt hab ich meine Gelassenheit wiedergefunden – es kommt mir grad so vor, als wär es das Normalste auf der Welt mit Kindern nach Indien zu reisen.
Lage 3 Tage! Medikamente eingekauft … pff, das läppert sich, könnten um das Geld der Impfungen und Medikamente locker einen kleinen Familienurlaub machen.
Was fällt sonst noch vor der Abreise an: Blombe reparieren lassen, die Stemmarbeiten für den Umbau in der Wohnung wurden abgeschlossen und der ewige Staub hat ein Ende. Die ältere Tochter, die bisher immer auf die Reise geschimpft hatte, freut sich nun auch sehr auf den Flug und die Reise.
Lage 2 Tage: Letzte Schulprüfungen der Kinder Ende Mai – fühlt sich gut an – auch für die Mudda. Die Nachtschichten (hab die letzen Monate beinahe rund um die Uhr gearbeitet) können mir jetzt auch nix mehr anhaben – bin schon halb weg.
Lage 1 Tag: Meine 12jährige Tochter hat sich eine neue Indienfrisur verpasst und auch die 14jährige hat ihre Mähne halbiert – damit wir im Fall der Fälle nur die Hälfte Kämmarbeit haben.
Erste Impressionen bei Maher, wir werden nach großem Ritual empfangen. Vom Flughafen in Mumbai werden wir abgeholt und direkt zur Hilfsorganisation gebracht. Wir planen, 8 Wochen hier zu wohnen und mitzuhelfen – irgendwie.
Nach ca. 1 Woche Aufenthalt kommt es, wie es kommen muss: wir liegen alle – bis auf ein Kind – mit schwerer Darminfektion im Bett – die Art von Bakterien, die nichts im Magen und Darm lassen. Wir haben jedoch das richtige Antibiothika mit. Nach drei Tagen können wir zum 1. Mal wieder aufrecht sitzen. Die Leute bei Maher sind total besorgt und freundlich. Bringen uns alles – z.B. einen ganzen Sack voller Kekse. Das ist in Indien Luxus aber wir sind total dankbar, wir können grad kein Reiskorn mehr sehen.
Nach vier Tagen sind wir alle wieder wohlauf. Nun sind wir gut eingelebt bei Maher. Ich glaube, wir haben nun alle Projekte der Organisation besucht und auch einige Slums. Es ist erstaunlich, wie sauber es in den Blechverschlägen ist. Meistens besteht so ein „Slumhaus“ aus zwei Räumen. In einem wird gekocht und da steht der Fernseher und im anderen ist der Schlafraum. Der Erdboden ist perfekt gekehrt und die Töpfe sind sauber aufgeschlichtet. Zumindest, wenn es nicht regnet. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es hier ist, wenn sich der Monsun über das Land ausschüttet und das Wasser knietief steht. Außerhalb der Behausungen sieht es schrecklicher aus, der Schlamm ist überall und die Menschen müssen durch diesen Schlamm zu ihren Hütten waten.
So sieht es in einem Slumhaus aus. Weder bedrohlich noch erdrückend. Ich kriege eine Ahnung, warum sich die Menschen aus dem Slum in Mumbai nicht vertreiben lassen wollen. Das hier ist ein Dorf mit geordneten Gegebenheiten.
Impressionen aus dem Schulleben in Indien
Impressionen bei Maher:
In Indien wird meistens am Boden geschlafen.
Für „Gäste“ hat man jedoch im Nebengebäude Gästezimmer mit Betten gebaut, jede von uns hat ein Zimmer.
Im Dorf von Maher gibt es leider keine englischsprachige Schule für meine Mädchen. Deshalb ziehen wir nach vier Wochen weiter, nach Goa, wo es viele Aussteigerkomunen gibt und damit – so vermute ich – auch entsprechende Schulen. Wir hatten bei der Abreise versprechen müssen, dass die Mädchen in Indien in die Schule gehen würden. Darum heißt es Abschied nehmen. Das Kunstwerk am Boden besteht aus Sand und wird im Nu angefertigt. Wir bekommen eine feierliche Abschiedszeremonie und gehen wehmütig aber so voller Eindrücke, dass wir einige Zeit benötigen werden, diese zu verarbeiten.